Wenn der Berg ruft...
 
Mit dem Hippie-Bus über 4 Alpenpässe – mit einer Dampf-Zugabe

Mit dem Hippie-Bus über 4 Alpenpässe – mit einer Dampf-Zugabe

Mit Postkutsche auf dem Gotthard (2107 m.ü.M.)

Letztes Jahr führte uns die sommerliche Reise gen Süden nicht über, sondern durch den Gotthard – durch den neuen Gotthardbasistunnel GBT (siehe auch dieser Beitrag). Doch dieses Jahr sollte es wieder oben durch gehen, mit welchen verschiedenen Antrieben es diesmal war, findest Du in diesem Beitrag . . . war etwa auch Dampf im Spiel?

Kurz vor den Sommerferien fand ich nach langer Suche in Genf einen passenden Hippie-Bus, mit orangen Vorhängen (Ovi lässt grüssen) und in einem recht guten Zustand (dachte ich wenigstens). Wir holten ihn just anfangs Sommerferien in Genf ab und fuhren ihn in einer 10-stündigen Fahrt nach Uerikon. Danach kaufte ich mir als Erstes eine Autobahn-Vignette . . .

Eine Seefahrt, die ist lustig . . .

Über den See auf der Fähre Meilen – Horgen

Damit ausgerüstet starteten wir unser diesjähriges Gotthard-Abenteuer mit einer Fahrt über den See, mit der Fähre von Meilen nach Horgen. Im Gepäck hatten wir allerlei Camping-Ausrüstung und einen grossen Werkzeugkoffer, man weiss ja nie bei so einem Oldtimer…

Als erstes Ziel steuerten wir Giswil OW am Sarnersee an und übernachtet dort 3 Nächte auf dem Zeltplatz.

 

Auf dem Zeltplatz in Giswil OW kurz vor der 4-Pässe-Fahrt

Wir hatten einen sensationellen Standplatz, gleich beim See, quasi in der 1. Reihe. Janosch fand ganz viele Gspänli und sie räuberten auf dem Zeltplatz herum, während ich mich der Vorbereitung unserer 4-Pässe-Fahrt widmen konnte.

Als Erstes ein sanfter Start: der Brünigpass

Am Samstag Morgen starteten wir bei Nieselregen unsere 4-Pässe-Fahrt mit dem Brünig, der mit 1008 m.ü.M. noch nicht die grosse Herausvorderung werden wird. Doch unterwegs durften wir natürlich nicht am Owi-Land vorbeifahren, ohne uns eine Ovi zu genehmigen.

Owi-Land am Brünig
Brünigpasshöhe (1008 m.ü.M.)

Dann schnell auf dem Brünigpass ein Foto gemacht und weiter ging die Reise via Meiringen, Aareschluch und Innertkirchen Richtung Wallis.

Schrecksekunde am 2. Pass: der Grimsel

Nach einem kurzen Besuch des Grimseltor-Centers mit dem original Propeller der amerikanischen DC-3, die 1946 auf dem Gauligletscher abgestürzt war, schaukelten wir in unserem Hippie-Bus gemütlich die Grimselnordrampe hoch. Anfangs lief alles rund, wir überholten einige sportliche Rennvelofahrer, während die Steigung nach und nach zunahm. Die Luft wurde dünner und dünner und dies schlug dem alten Käfermotor doch recht auf die Zylinder (es handelt sich halt noch um einen Vergasermotor, der auf dünne Luft schlecht reagiert).

Obwohl ich Vollgas gab, fuhren wir sehr gemächlich den Berg hinauf. Doch die Gemütlichkeit war auf einen Schlag vorbei, als plötzlich vor einer Haarnadelkurve das Gaspedal bei Vollgas hängen blieb. Was nun? Ich stellte mal die Zündung ab, doch als ich den Schlüssel wieder drehte, war der Motor sofort wieder am Heulen. Also fuhr ich im Leerlauf durch die Haarnadelkurven, der Schreck sass mir in den Knochen, während Schweissperlen auf meiner Stirn sichtbar wurden. Irgendwann hatte ich dann die Idee, das Gaspedal mehrmals heftig ganz herunterzudrücken. Damit gelang es mir, die Blockade des Gaspedals zu lösen und der Motor gehorchte wieder meinen Pedalbefehlen. Etwas musste da beim Gaspedal eingerostet oder irgendwie verklemmt sein.

Auch nahm die Leistung immer mehr ab und ich begann, mir Sorgen zu machen, ob wir den Grimselpass (2164 m.ü.M.) überhaupt schaffen würden. Als die Steigung mit 11% angegeben war, mussten wir im 1. Gang den Berg erklimmen (leicht vorstellbar, was das für eine Autoschlange von Holländer hinter uns verursachte).

Vor der Grimselstaumauer

Bei der Grimselstaumauer legten wir einen Halt ein und gönnten dem alten Motor eine Verschnaufpause. Dann erreichten wir die Grimselpasshöhe und mir gelang es je länger je besser, die immer wieder auftretende Gaspedal-Blockade zu lösen. Langsam kam ich mir vor wie ein Motor-Osteopathe . . .

Grimselpasshöhe (2164 m.ü.M.)

Nun ging die Reise runter nach Gletsch und weiter Richtung Gotthard. Doch ein Pass trennte uns noch vor dem grossen Ziel.

Dies war der zweite Pass, doch der Dritte folgt sogleich: Die Furka

Unser nächster Etappenhalt war Realp und zum Glück mussten wir nicht ganz ins Obergoms nach Oberwald VS runterfahren. Denn allzu viel Höhenunterschiede wollte ich unserem alten Hippie-Bus nicht mehr zumuten. Da wir in Realp den Zug zurück ins Wallis durch den Furkatunnel erreichen wollten, war die Fahrt über den Furkapass nicht gerade gemütlich, auch weil ich immer wieder aufpassen musste, nicht in die Vollgas-Blockade zu verfallen.

Furkapasshöhe (2429 m.ü.M.)

Wiederum im 1. Gang keuchten wir auf die Furkapasshöhe (2429 m.ü.M.), machten kurz ein paar Fotos und kurvten runter nach Realp. Kurz bevor wir unser Ziel erreicht hatten, machten sich dann auch noch die Bremsen mit einem unangenehmen Geruch bemerkbar, aber diesmal war es nichts Gravierendes, die Bremsen hielten bestens. Wir gönnten unserem Bus am Bahnhof Realp eine längere Pause und stiegen gerade noch rechtzeitig in den Zug nach Oberwald VS.

Dampf-Zugabe: Nostalgiefahrt über die Furka-Bergstrecke

In Oberwald trafen wir dann wie geplant meinen Vater, der mit dem Zug angereist war. Unser Plan war es, eine 3-Generationen-Fahrt über die alte Dampfbahn-Furka-Bergstrecke (DFB) zu unternehmen. Die DFB ist ein Verein, der die alte Furka-Bergstrecke mit vielen freiwilligen Helfern wieder zum Leben erweckt hat und während den Sommermonaten für Touristen aus aller Welt Dampffahrten über die Furka anbietet (mehr auf www.dfb.ch).

Bahnhof der DFB in Gletsch VS (1757 m.ü.M.)
3 Generationen vor Dampflok beim Bahnhof Furka (2163 m.ü.M.)

Beim Halt am DFB-Bahnhof Furka durfte Janosch in den Führerstand der Lok klettern, wo ihm der Lokführer die Dampflokomotive genau erklärte. Hoffentlich bleibt bei der Lok nicht das Vollgas hängen, denn sie hat keinen Zündschlüssel.

Das „grande Finale“: der Gotthardpass

Zufrieden in Realp angekommen weckten wir unseren Hippie-Bus wieder zu neuem Leben und fuhren Janoschs Grossvater nach Andermatt an den Bahnhof. Alleine nahmen wir dann unsere letzte Etappe unter die Räder und erklommen den Gotthardpass. Keine Frage: Als Soundtrack lief immer wieder „Hippie-Bus“ von Dodo, mit meiner Lieblingsstelle „chunnt nümme so liecht jede Pass duruuf“. Und auch keine Frage: wie vor 3 Jahren (siehe Beitrag) nahmen wir die alte weniger steile Passstrasse über den Gotthard. Gegen Abend erreichten wir das Hospiz und legten eine Nachtessenpause ein.

Wie 2016 damals mit dem E-Mobil konnten wir uns auf dem Hospiz mit der Postkutsche im Hintergrund ablichten lassen.

Dann ging’s runter durch die Tremola und der Hippie-Bus nahm brav Kurve um Kurve, so dass wir gut in der italienischen Schweiz ankamen.

Weiter ging die Fahrt durch die Leventina hinunter nach Bellinzona, wo natürlich das Foto vor dem Castelgrande nicht fehlen durfte.

Die Fortsetzung der Fahrt verlief ohne weitere Zwischenfälle bis ins Maggiatal und wir kamen wohlbehütet nach total 5 Passüberquerungen (5 weil wir den Furka zweimal überquert haben) auf dem Camping Piccolo Paradiso in Avegno an.

Nachlese oder „Wie der Hippie-Bus zu seinem Doppelvergaser kam“

Am Sonntag war Janosch den ganzen Tag über mit seinen Tessinfreunden auf dem Zeltplatz unterwegs und ich konnte mich intensiv dem Gaspedalproblem widmen. Zuerst mal kräftig mit WD40 alle möglichen Stellen geschmiert, da die Technik 45 Jahre alt ist, kommt man noch an die einzelnen Komponenten ran. Die Funktionweise ist doch recht primitiv: ein Drahtseil leitet die Befehle des Gaspedals zum Heck des Busses und steuern dort die Drosselklappe des Vergasers am alten VW-Käfermotor. Mir fiel plötzlich auf, dass der Motor sowohl links wie auch rechts einen Vergaser hatte, zu meiner Überraschung hatte ich also ein Modell mit einem Doppelvergaser gekauft. Doch beim rechten Vergaser fehlte die Verbindungsstange zur Drosselklappe, so dass dieser Vergaser immer im Leerlauf lief. Diese Gewindestange musste irgendwie rausgefallen sein. Kein Wunder, hatte der Bus so wenig Kraft, lief er doch nur auf 2 Zylinder.

Ich suchte also den Motorraum ab, ob ich die Gewindestange irgendwo noch finden konnte. Doch auch wenn sie in Genf noch drin gewesen wäre, ist sie definitiv auf der Fahrt aus dem nach unten offenen Motorraum rausgefallen.  Was tun an einem Sonntag? Ich ging zum Zeltplatz-Manager des Piccolo Paradiso und der öffnete mir seine Werkstatt mit allerlei Krimskrams und liess mich machen. Also sägte ich eine passende Schraube ab und drehte daraus eine  Gewindestange (siehe Bild), baute sie ein und testete den Motor im Stillstand. Ein anderer VW-Bus-Besitzer kam dazu und wir fachsimpelten gemeinsam über den Doppelvergaser und ob nun die Gaspedalprobleme damit auch gelöst seien. Der Motor lief nun viel besser und ich wettete mit ihm, dass das Vollgasproblem auch gelöst sei. Die folgende Testfahrt lief sehr erfreuchlich, wir fuhren mit 7 Personen auf den Monte Ceneri und erreichten bei einer Steigung von 10 % nun 70 km/h.

Gewindestange Self-made in Ticino

Das Vollgasproblem ist seitdem nie mehr aufgetreten und der Hippie-Bus kam wieder zu seinem wohlverdienten Doppelvergaser. Von wegen „chunnt nümme so liecht jede Pass duruuf“…

2 Comments

  1. Pingback: Mit 84 km/h elektrisch über den Gotthard - inkl. Bierfass - Simon's Gotthard Blog %

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